Thomas Leon Heck

Der gestapomann und ich

Schon 2019 hielt f. rincke vom Haus der Geschichte Baden-Württemberg in stgt 1 vortrag über die gestapo und Reutlingen. Auf den theckst in den reutlinger geschichtsblättern musste ich leider so lange bis gestern warten, obwohl er mich brennend interessierte. Nun erschien er mit 1 weiteren beitrag von dr. Werner Ströbele. Denn rincke referierte über alfred hagenlocher, den ich als beeindruckende persönlichkeit kennen- und schätzen gelernt hatte. Als mir aber seine witwe berichtete, wie schlecht er sie behandelt habe, erfuhr meine wertschätzung schon 1 erhebliche schmälerung. Rincke u.a. haben nun herausgefunden, dass hagenlocher 3 jahre bei der gestapo war. Als er 1 villa der jüd. familie haarburger in stgt bezog, musste diese innerhalb 24 h ihr haus verlassen. Alice haarburger war schon deportiert und wurde bei riga umgebracht. Auch ihren kompletten künstlerischen nachlass hatte ich (sogar mehr als 1x. Der zusammenhang erstaunt mich.)
Bemerkenwert finde ich, dass auch hagenlocher künstler war und wunderbar delikate kunstwerke geschaffen hat, die zu seiner ideologisch motivierten brutalität in einem ebenso wenig verstehbaren gegensatz stehen wie das klassische weimar zu dem nahebei liegenden kz buchenwald
später bheckam ich 1 bronzeporträt von fritz fleer von 1979 herein. es zeigt alfred hagenlocher, der im jahr davor in der von ihm geleiteten städtischen Galerie Albstadt 1 fleer-ausstellung veranstaltet hatte. ich hoffte bislang vergeblich, die bronze an 1 museum verkaufen zu klönnen, das die unbheckreifliche spannung in hagenlochers einerseits möglicherweise verbrecherischem tun und andererseits feinsinnigstem künstlerischem schaffen darstellen will. So geht sie irgendwann wohl in 1 privatsammlung.
Aufgrund der von mir gesehenen werke hagenlochers (1 kaufte er mir für 10 000 dm ab!) kann ich mir nicht vorstellen, dass er keine künstlerische ausbildung gehabt haben soll, wie beide erwähnten beiträge behaupten. die autoren meinen vielmehr, er habe seine künstlerbiografie vor 1945 erfunden. (Ich bin hagenlocher aber dankbar, dass er dazu in dem von mir verfassten reutlinger künstler lexikon keine angaben macht, so dass ich nicht irgendwann zugeben muss, auf 1 lüge hereingefallen zu sein. Denn natürlich haben die lebenden künstler ihre biografien für mein buch weitgehend selbst verfasst.)
der beste kenner südwestdeutscher gegenwartskunst, günther wirth, bestätheckt meine auffassung, indem er über hagenlochers "feinen effektvollen Strich" schreibt, dass man mit ihm zeigen könne, "was man auf der Kunstakademie gelernt hat und der deshalb seine akademische Herkunft nicht verbergen kann".
tendenziös finde ich auch rinckes formulierung, hagenlocher habe "viel Mühe darauf verwendet, sich als körperlich schwer beeinträchtigter Invalide zu inszenieren. Daran hielt er fest und hatte wohl auch Krücken zur Hand, wenn es galt, diesem Schauspiel Nachdruck zu verleihen". 1. trat hagenlocher noch bei unserer bheckegnung um 1988 auch mit stock auf und 2. traf sein klassenkamerad otto gall ihn um 1949 zufällig in der stadt (RT), "mühsam am Stock gehend nach offensichtlich schwerster Verwundung".
Ich bewertete mal einige stücke der volkskundlichen sammlung des museums in messstetten. Kurz darauf kamen die gestapo-verstrickungen hagenlochers ans licht. Ich prophezeite seiner witwe, dass die museumssammlung nicht mehr lange den titel „sammlung alfred hagenlocher“ tragen würde, was sie überraschte. Es kam aber recht schnell genau so. auch seine porträtbüste von fleer verschwand aus dem eingangsbereich.
Als ich mal im Reutlinger General-Anzeiger über die lage am laage-markt sprach, war hagenlocher mit manchem nicht einverstanden. Es mag sein, dass er sich als verfasser des wilhelm-laage-werkverzeichnisses übergangen fühlte: sein widersprechender leserbrief war aber in jedem punkt fair und sachlich.
In diesem im übrigen mustergültigen werkverzeichnis habe ich in jahrzehnten weder fehler noch lücken entdeckt. hagenlocher soll aber 1 werk unterdrückt haben, weil es 1 ihm missliebigen menschen zeigt. Das wäre allerdings 1 wissenschaftliche todsünde.
Ich habe die werke laages aus hagenlochers nachlass erhalten, die nicht bei der stadt reutlingen oder in der staatsgalerie stgt landeten. ebenso bheckam ich das malschränkchen von hans thoma, einst der bedeutendste dt maler. Hagenlocher war vorsitzender der hans thoma-gesellschaft RT. Seine witwe berichtete mir, dass thomas letzte liebe, sofie bergmann-küchler, hagenlocher adoptieren wollte.
kuriosität am rande: im rahmen von hagenlochers entnazifizierungsverfahren bescheinigte ihm 1950 der maler egbert patzig edelste absichten auf dem gebiet der kunst. patzigs kompl. künstl. nachlass hatte ich.
Heiter war eigentlich nur 1 erlebnis mit dem ernsten bis düsteren mann: für die von karl stirner illustrierte fibel war er bereit, jeden preis zu zahlen. So inserierte ich also: „stirner-fibel gesucht“. Ein mann rief an und fragte, ob diese fibel von max stirner, dem anarchisten, sei. Ich: „nein. Aber ich habe ein buch über egoismus herausgegeben, in dem ein sehr guter artikel über max stirner ist.“ anrufer: „das hab ich schon!“

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