Thomas Leon Heck

SISYPHOS

 
Ein gleichaltriger kollege gibt sein antiquariat auf, um sich noch einige träume zu verwirklichen, dies auch angesichts einer todkranken ehemaligen klassenkameradin.
Ich übernehme seine bücher gern, obwohl ich im selben alter wie er bin und genauso denken könnte, sage ihm aber, dass ich nicht die realisierung von träumen verfolge und dass ich derzeit keinen weiteren sinn im leben sehe als auch zukünftig myriaden von büchern anzunehmen, auszuzeichnen, einzusortieren und vielleicht nie zu verkaufen. Die end- und sinnlosigkeit dieses tuns drängt sich mir selbst oft schmerzvoll auf. (so, wenn ich stundenlang in meinem laden wie eine hausfrau werkle, die ein festessen bereitet, zu dem dann doch niemand kommt.) Dennoch bleibe ich dabei und zitiere dem kollegen den satz von camus: "man muss sich sisyphos als glücklichen menschen vorstellen", der doch ewig denselben stein den berg hinaufrollt, bis er wieder hinabdonnert. In dem moment, als ich diese seit langem existentiell bedeutendste äußerung über den sinn meines lebens von mir gebe, entdeckt der kollege in einer bücherkiste eine spielzeugmaus, lässt sie quietschen und berichtet lachend, dass ein hund aus seinem bekanntenkreis damit oft die nachbarn nerve. Meinen tiefsinigen satz hat er offenbar nicht wahrgenommen, was mich nicht einmal verletzt. Aber: Kann es absurdere situationen geben? tröstlich, dass es internet gibt, wo der eine oder die andere vielleicht zuhört.

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